Wie kann man unnötige Fehler im Tennis vermeiden?


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Unnötige Fehler – ein Albtraum vieler Tennisspieler. Damit ist die Art von Schlag gemeint, bei der der Ball einfach nicht im gegnerischen Feld landet, sondern ins Aus oder ins Netz geht. In diesem Artikel wird beschrieben, wie man mit solchen Fehlern umgehen kann. Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich Tennis nicht nur aus technischer, sondern auch aus psychologischer Sicht. Letzteres ist letzten Endes deutlich wichtiger, wenn man schon lange Tennis spielt. Die richtige mentale Einstellung hilft dabei, sowohl schwierige als auch relativ einfache Matches zu gewinnen. Sie fragen sich, wie man in einfachen Spielen etwas trainieren und verbessern kann – genau in solchen Spielen aber zeigt sich, wie sehr Sie Tennis lieben. Denn ein leichtes Match kann man nur selbst verlieren, entweder durch zu viel Nachlässigkeit oder im Gegenteil durch Übermotivation und Spielen auf zwei glatte Gewinnsätze bzw. 6:0, 6:0.

So sieht es aus Sicht eines Spielers aus: Der Tennisplatz ist im Training kleiner, beim Spiel ist er aber viel größer.

Das Ergebnis spielt keine Rolle

Das Wichtigste beim Verständnis, wie man unnötige Fehler im Tennis vermeiden kann, ist, dass man nicht auf ein bestimmtes Ergebnis spielen darf. Bis vor kurzem konnte ich das erstaunlicherweise selbst nicht und habe immer wieder versucht, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Selbstverständlich habe ich immer noch diese innere Einstellung, aber ich mache keine große Sache mehr daraus, wenn es nicht ganz so läuft, wie ich es mir vor dem Spiel vorgestellt habe. Gegen sehr schwache Gegner habe ich zwei glatte Gewinnsätze immer als selbstverständlich vorausgesetzt, und wenn es nicht geklappt hat, habe ich mich über mich selbst geärgert und war trotz des gewonnenen Spiels immer etwas enttäuscht. Am schlimmsten war immer der Spielstand 5:0 für mich, weil meine Nerven dann zum Zerreißen gespannt waren und ich mir sagte, dass es jetzt ein glatter Satzgewinn werden müsse. Ist das nicht paradox? Man führt 5:0 und wird trotzdem nervös? Das ist doch lächerlich.

Leider verlor ich oft gerade das sechste Spiel, und danach verlor ich auch irgendwie die Motivation zum Weiterspielen. Ein eigentlich bereits klar gewonnenes Spiel wurde zur Hängepartie, weil ich mit meinen Gedanken beim Vergangenen war und mich nicht auf den gerade umkämpften Punkt konzentrierte. Unnötige Fehler traten plötzlich immer häufiger auf und es war kein Ende absehbar. Erst in den letzten Jahren habe ich begriffen, dass der Punktestand für mein Ego wie ein Dessert ist, an sich jedoch eigentlich keinerlei Bedeutung hat. Wesentlich wichtiger ist, wie man das Spiel als Ganzes betrachtet. Wie sehr man es genießt und wer den letzten Aufschlag gewinnt. Das Wichtigste ist, sich zu vergegenwärtigen, dass der Punktestand an sich einfach keine Rolle spielt.

Es ist wichtig einem Spieler zu erklären, dass das Spielen in die Feldmitte keine Schande ist. Wichtig sind vor allem Länge, Geschwindigkeit und Effet den Returns.

Erlauben Sie sich, Fehler zu machen

In direktem Zusammenhang zu oben Genanntem steht oft übertriebene Selbstkritik, wenn ein Fehler gemacht wird. Ein Tennisspieler muss Fehler machen, um sich weiterzuentwickeln. Ein unnötiger Fehler im Tennis bedeutet, dass man etwas ausprobiert hat, es aber nicht geklappt hat und man es verbessern muss. Ein unnötiger Fehler ist ein Signal, ein Warnzeichen, das eine Unzulänglichkeit beim Spielvermögen aufzeigt. Ein unnötiger Fehler ist tatsächlich das Beste, das einem beim Spiel passieren kann, unter der Voraussetzung, dass man aus diesem Fehler umgehend Lehren zieht. Der gegenwärtig beste Spieler der Tennisgeschichte Rafael Nadal ist Meister darin, seine Fehler im Spiel umgehend zu korrigieren. In seinen Augen und an seiner Gestik kann man in den unmittelbaren Momenten nach einem unnötigen Fehler sehen, wie sehr es an ihm nagt und wie sehr ihn sein Gewissen plagt. Sicher sagt er sich: Also so nicht, das mache ich nicht noch einmal. Und normalerweise macht er denselben Fehler nicht zweimal.

Es ist ein Unterschied, ob man einen unnötigen Fehler aus Nachlässigkeit macht oder ob man ihn macht, wenn man etwas Neues, etwas Unerwartetes oder Überraschendes ausprobiert. Damit man sich selbst einen Fehler verzeihen kann, muss man versuchen, jeden Return so präzise wie möglich zu spielen. Dann sind solche Fehler nämlich weniger störend, weil sie letztendlich die Folge eines Ausprobierens sind, mit dem man sich weiterentwickeln möchte. Ein unnötiger Fehler wird nämlich nicht durch Druck des Gegners provoziert, sondern durch den Druck, den man sich selbst macht. Es ist wichtig, sofort zu analysieren, warum man einen Fehler gemacht hat. Die Faustregel besagt, dass fast jeder unnötige Netzfehler im Tennis ein Fußfehler ist. Also sollte man die Fußstellung sofort korrigieren.

Ein Spieler, den man an die Grundlinie gedrängt hat, kann einem aus der Mitte des Spielfelds nicht gefährlich werden.

Beim Tennis spielt man nicht auf Gewinnbälle

Ausbälle an der Grundlinie sind nicht so schlimm. Schlimmer sind jedoch Bälle ins Seitenaus. Die signalisieren nämlich oft unnötigen Druck auf den Ball und sind die Ursache für riesige Frustration bei vielen Spielern. Dabei ist Eines völlig ausreichend – nicht auf die Linie spielen, sondern irgendwohin ins Feld unter der Maßgabe, dass der Return mit voller Kraft gespielt wird. Und das aus jeder Position und in jeder Situation. Manche sehen im Ausdruck „volle Kraft“ ein Risiko, aber das ist es nicht. Kurz gesagt, man spielt Returns gefühlvoll wie im Training, als ob es um nichts geht – entspannt und ohne krampfhaftes Bemühen um Präzision. Dadurch blockiert man sein eigenes Potential, die Energie, wenn man so will, nicht und bekommt mehr Sicherheit in die Schläge. Diese Regel habe ich in den vergangenen Jahren für mich entdeckt und der Unterschied in der Sicherheit meiner Returns ist eindeutig. Früher habe ich mit aller Macht auf die Linie gespielt und wollte sogenannte Winner spielen – Gewinnbälle. Ich habe eine Linie nach der anderen getroffen, oft war ich aber auch um 2 cm im Aus. Mit zunehmendem Alter kommt allerdings auch Erfahrung dazu, die dafür spricht, im Spiel die Anzahl unnötiger Fehler und leichter Fehler zu verringern. Soll doch der Gegner das Spiel machen, wenn er es kann! Ich zumindest vermeide Fehler.

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Vergrößern Sie das Spielfeld optisch

Der entscheidendste Faktor, der die Anzahl Ihrer unnötigen Fehler wie durch Magie verringern kann, ist die Festlegung von Rahmenbedingungen im eigenen Kopf. Wenn man diese Regel versteht und man sein Ego loslassen kann, öffnet sich einem eine ganz neue, bisher unbekannte Tenniswelt. Bei Returns spielt man meistens lange Bälle in die Mitte des Spielfelds auf den Körper oder die Füße des Gegners. Man sollte das Spiel in die Ecken in Situationen vermeiden, wenn man seine Bewegung und den Ballwechsel nicht unter Kontrolle hat. In seinem Kopf sollte man die Seitenlinien 1–1,5 Meter ins Spielfeld hineinrücken. Schläge sollten hoch übers Netz gespielt werden. An Asse sollte man nicht denken. Alle Schläge sollten mit vollem Schwung mit dem Ziel gespielt werden, die Mitte des gegnerischen Felds zu treffen. Sie wollen den Ball auch einmal diagonal spielen? Wie Sie wollen. Spielen Sie diagonal, aber immer mit dem Ziel, nahe zur Mitte des gegnerischen Feldes zu spielen. Holen Sie weit aus, so als ob es um nichts geht (es geht doch um nichts, oder?), und Sie werden sehen, dass der Ball wie von magischer Hand immer näher zur Linie wandert. Außerdem hat er viel Wucht. Wenn man sich diese Toleranz leistet, dann kommt einem das Spielfeld größer vor, als es in Wirklichkeit ist. Sobald man sich das Spielfeld und seine Abmessungen so vorstellt, kann man bei Ballwechseln häufig in eine angenehme Trance verfallen. Man nimmt den Gegner nicht mehr wahr, spürt den Druck, so genau wie möglich zu spielen, nicht mehr und konzentriert sich nur noch auf das Überspielen des Netzes, die Ballhöhe, den Effet und die Schlagkraft. Dieses Gefühl wirkt beruhigend und führt zu psychischer Ausgewogenheit.

Die Annahme, dass Profis einen Ball nach dem anderen auf die Linie spielen, weil sie sich bemühen, so präzise zu spielen, ist völlig falsch. Profis haben lediglich ein perfektes Muskelgedächtnis entwickelt, wenn sie ihre Schläge automatisch und immer mit voller Kraft spielen. Sie wollen nicht auf die Linien spielen, aber es passiert ganz von selbst, weil sie ihren Schwung nicht zurückhalten, sie spielen ganz entspannt und die Dimensionen des Platzes haben sie sozusagen verinnerlicht. Noch ein Beispiel aus der Praxis. Wenn man mit dem Auto mit 130 km/h auf der Autobahn fährt, schaut man auch nicht direkt auf die Mittel - oder Seitenlinie, nur um die Spur zu halten und einen Unfall zu vermeiden. Man fährt ganz selbstverständlich in der Mitte der Fahrspur und nimmt die Umgebung nur durch peripheres Sehen wahr. Genau so ist das auch beim Tennis – man hat immer die Mitte des Spielfelds im Blick. Dabei möchte man eher in die Mitte des Feldes spielen, jedoch mit mehr Rasanz und Effet, was ein weiterer Vorteil dieser Spielweise ist. Es werden die Möglichkeiten verringert, die ein Gegner für einen Return hat, und dadurch schränkt man seine Kreativität ein. Es kommt häufig vor, dass ein Spieler, der das Spiel mit großer Streuung spielt, den Ballwechsel verliert. Er macht nämlich das Spielfeld frei für seinen Gegner, der dadurch mehr Spielmöglichkeiten hat, die Bälle selbst variabler spielen und somit die Oberhand gewinnen kann.

Stellen Sie Kegel hinter der Aufschlaglinie und etwa 1-1,5 m von der Seitenlinie entfernt im Spielfeld auf.

Wenn der Gegner mal besser ist

Es kann Spiele geben, in denen der Gegenspieler ein bis zwei Klassen besser ist. Dann bleibt einem nichts anders übrig, als die „bereits verlorene“ Partie so lange wie möglich hinauszuzögern und zu hoffen, dass die Form des Gegners grundsätzlich nachlässt. In solchen Spielen sind zwei Strategien oder eine Kombination beider möglich. Die erste ist, von Anfang an mit größtmöglichem Risiko zu spielen. Leider geht diese Strategie viel zu oft nicht auf. Man kann damit seinen Gegner in den ersten Spielen aus dem Konzept bringen, aber er wird sich schnell auf das Spiel einstellen. Außerdem ist das risikoreiche Spiel auf lange Sicht kein Garant für einen Sieg. Vielleicht schafft man es, eine Zeit lang einen Ball nach dem anderen auf die Linie zu spielen, aber mit großer Wahrscheinlichkeit wird diese tolle Phase nicht von Dauer sein und dann steht man auf verlorenem Posten.

Wesentlich besser ist es, mit sauberen Returns um jeden Ball zu kämpfen und lange Bälle in die Mitte des Spielfelds mit größerer Rasanz und mehr Effet zu spielen. Soll doch der Gegner das Spiel machen, wenn er so gut ist. Man sollte keine Bälle wegschenken, indem man unnötige Risiken eingeht. Das Spiel wird dann zu schnell und man kann den Spielfaden nicht mehr aufnehmen. Auch hier gilt, dass bessere und erfahrenere Spieler Spielmöglichkeiten sehr gut auszunutzen in der Lage sind. Wenn man einen aus eigener Sicht guten Crossball genau in eine Ecke spielt, muss man mit einem noch besseren Crossball oder einem langen Ball an der Linie entlang rechnen. Eine sehr gute und bewährte Variante gegen bessere Gegner ist ein abwechslungsreiches Spiel mit relativ häufig gespielten Stoppbällen und gelegentlichen Vorstößen ans Netz. Auch wenn der Gegner die Bälle meist leicht erläuft oder einen am Netz mit einer linken Rückhand überspielt, wird er durch das variantenreiche Spiel gefordert. Und das kann dann wiederum sein Spiel beeinflussen und seinen Spielplan stören.

Nur nicht verrückt machen lassen

Fassen wir zusammen, was wir über unnötige Fehler erfahren haben. Diese haben ihren Ursprung vor allem im eigenen Kopf und sind das Ergebnis der Vorbereitung auf einen Schlag sowie der Konsequenz und Sauberkeit seiner Ausführung. Wenn man schon einen unnötigen Fehler macht, dann sollte man ihn umgehend bewerten. Gleich beim nächsten Schlag sollte man den Fehler korrigiert und daraus gelernt haben. Man sollte sich aber nicht zu lange damit beschäftigen. Denn was bringt es, noch an die misslungene mit voller Kraft gespielte Vorhand zu denken, wenn der Gegner schon lange an der Bank war, um sich den Schweiß abzuwischen? Man sollte sofort an den nächsten Ball denken. Nicht zu nahe an die Seitenlinien spielen. Im Tennis geht es nicht um einzelne gewonnene Aufschläge, sondern um konstante Leistung und darum, so wenige Fehler wie möglich zu machen. Man sollte sich den Platz optisch verkleinern und mehr in die Mitte spielen. Dabei spielt man um so schneller und mit mehr Effet. Paradoxerweise kommt einem der Platz dadurch größer vor und man hat den Eindruck, dass der Ball nicht ins Aus fliegen kann.

Ein langer Schlag in die Mitte des Platzes hat viel mehr Kraft, als man denkt. Ein schräg gespielter Ball hingegen eröffnet dem Gegner eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Schlag zu kontern und einen zum Laufen zu zwingen. Man spielt ein abwechslungsreiches Tennis und sollte auch an Stoppbälle und gelegentliches Ans-Netz-gehen denken. Einen stärkeren Gegner sollte man nicht versuchen auszutricksen – solchen Spielern kommen schnelle Bälle meist sogar entgegen. Ein verlorener Ballwechsel macht nichts, wenn man dadurch stärker wird und neue Varianten ausprobiert. Man sollte sich zugestehen, Fehler zu machen, und man sollte das Positive daraus ziehen. Die Stärke des Gegner sollte anerkannt werden, allerdings sollte man sich niemals im Vorhinein mit einer Niederlage abfinden. Die eigene Herangehensweise an das Spiel entscheidet über die Zufriedenheit danach. Der Spielstand ist nicht so wichtig. Auch eine mit erhobenem Haupt erlittene Niederlage bringt einen ein Stück weiter, insbesondere wenn man weiß, dass man im Spiel alles gegeben hat. Immer daran denken: Ein unnötiger Fehler ist das beste Warnsignal, dass man etwas falsch gemacht hat. Aber das Wichtigste ist, Freude am Tennis zu haben, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Mit einem Lächeln geht alles besser. Damit wünsche ich Ihnen, das die Anzahl unnötiger Fehler in Ihrem Spiel immer geringer wird.

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